Vogue Mexico

mehringMultimedia-Reise anhand des Mexiko-Tagebuchs des deutsch-amerikanischen Künstlers Winold Reiss von 1920

Frank Mehring und Jens Barnieck

Freitag, 5. Dezember 2014, 19:30 Uhr
(Einlass mit einem Glas Sekt ab 19:00 Uhr)

vr-bank Untertaunus, Taunusstein-Wehen
Mainzer Allee 19
65232 Taunusstein-Wehen

Im Kontext des heutigen Interesses an kultureller Mobilität und interkulturellen Begegnungen eröffnet das Leben und das Werk des deutsch-amerikanischen Künstlers Winold Reiss (1886-1953) eine faszinierende Reise durch die vibrierende Jazz-Szene der Harlem Renaissance, durch die New Yorker Hochkultur zwischen den Weltkriegen und durch die Goldenen Zwanziger Jahre, in denen Mexiko „en vogue“ war. Winold Reiss wurde in Karlsruhe als Sohn des bekannten Landschaftsmalers Malers Fritz Reiss (1857-1914) geboren. Durch seinen Vater gefördert, der in die so genannte „Gutacher Künstlerkolonie“ nach Kirchzarten im Schwarzwald zog, studierte Winold Malerei und Design in München bei Franz von Stuck und Julius Diez. Der festen Überzeugung, dass ein Künstler auf der Suche nach relevanten Themen viel reisen müsse, wanderte er 1913 in die USA aus, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Die Begegnung mit den Blackfeet Indianern, der mexikanischen Bevölkerung und Afro-Amerikanern in der Neuen Welt führte zu einer Neuausrichtung seiner Arbeit und verlieh ihr eine politische Sprengkraft.

Kommerziell erfolgreich, entwarf er z.B. die Inneneinrichtungen bedeutender Hotels und Restaurants in ganz Amerika und portraitierte Künstler wie u.a. den Blues-Poeten Langston Hughes oder berühmte Musiker wie Sergei Rachmaninoff, Alfred Cortot oder Jan Sickesz. Reiss‘ innovativer visueller Stil wurde so geschätzt, dass das Magazin Survey Graphic ihm die Illustration der bahnbrechenden Ausgabe Harlem: Mecca of the New Negro (1925) anbot. In dem Atelier der von ihm gegründeten New Yorker Schule für Kunst und Design waren regelmäßig auch berühmte Musiker seiner Zeit zu Gast. Schon daher lohnt sich auch eine musikalische Annäherung an den Künstler. Reiss repräsentiert eine der entscheidenden Künstlerpersönlichkeiten des American Jazz Age im Schnittpunkt zwischen Deutschem Jugendstil, der Münchner Sezession und dem Blauen Reiter.

Er war befreundet und arbeitete zusammen mit führenden Künstlern und Intellektuellen seiner Zeit, wie mit Katherine Anne Porter, Paul Kellogg, Alain Locke, Langston Hughes oder mit Miguel Covarrubias. Letzterer war ein mexikanischer Karikaturist und war bestens vernetzt mit New Yorker Publizisten und Journalisten wie Carl van Vechten oder Paul Kellogg, die die mexikanische Kultur förderten. Die Entdeckung von Reiss‘ Mexiko Tagebuch im Reiss-Archiv in den USA hilft uns heute im Verständnis und der Funktion von mexikanischer Kultur und Religiosität und der Wahrnehmung der mestizaje, der Vermischung uransässiger und europäischer Menschen und Kulturen. In gleicher Weise wie der mexikanische Philosoph José Vasconcelos (1882-1959) in seinem Aufsatz „Die kosmische Rasse“ (1925) proklamierte auch Reiss ein neues Zeitalter in dem Freude, Liebe und Kreativität Rationalismus, Materialismus und Rassenhass der heutigen Zeit überwinden würde.

 

JENS BARNIECK gibt Klavierabende bei Festivals wie dem Kurt Weill – Fest im Konzerthaus Berlin, dem Ravello Festival, Italien, den Europäischen Festwochen Passau, den Tagen Neuer Musik Bamberg, dem Festival 2 Days and 2 Nights of New Music in Odessa, Cooper Union’s Grand Hall, New York City, beim Festival Roaring Hooves, Mongolei, den Musikfestspielen Saar, Sommermusik Saarbrücken, den Jazz- und Klassiktagen Tübingen, FLUXUS at 50 in Wiesbaden, dem Festival Performing Tangier in Marokko oder an der Harvard University, USA. Neben der Konzerttätigkeit, auch als Liedbegleiter und Kammermusikpartner bekannter Musiker, veröffentlicht Jens Barnieck Künstlerbiographien (Charles Ives, Ruth Crawford Seeger, Tui St. George Tucker u.a.). Aufnahmen mit Jens Barnieck schließen Fernseh- und Rundfunkaufnahmen in Europa, Asien und Amerika ein (ARTE, 3sat, SWR, NBC, RAI etc.). CD Aufnahme mit Julia Oesch, Mezzosopran; Solo-Klavier Aufnahmen auf gängigen Portalen zum Download (itunes, spotify, Amazon, CD Baby). Gemeinsam mit dem Amerikanisten und Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Frank Mehring (Radboud-Universität Nimwegen, Niederlande) präsentiert er regelmäßig Multimedia-Konzerte wie z.B. die Vertonung des „Mexiko-Tagebuchs“ des deutsch-amerikanischen Malers Winold Reiss (1886-1953) oder „Soundtrack of Liberation“: Lieder aus der Zeit der Befreiung der Niederlande von deutscher Okkupation 1944/45. Jens Barnieck war Stipendiat der Bundeskulturstiftung/Land Hessen an der Cité Internationale des Arts, Paris, am Deutschen Studienzentrum Venedig und war artist-in-residence am Virginia Center for the Creative Arts. Jens Barnieck studierte an der Staatlichen Hochschule für Musik Detmold und an der State University of New York at Buffalo. Prägend war die Arbeit bei Prof. Renate Kretschmar-Fischer und Prof. Yvar Mikhashoff. www.jensbarnieck.de

Frank Mehring ist Professor an der Radboud Universität Nimwegen. Seine Forschungs- und Lehrtätigkeit umfasst visual culture, Theorien der Populärkultur, Transnationaler Modernismus, und Prozesse des Kulturtransfers im transatlantischen Kontext. Studium der englischen und amerikanischen Literatur, Geschichte und Musikwissenschaften an der Justus Liebig Universität in Gießen, der University of Wisconsin-Madison und an der Harvard University, anschliessend Assistenz- und Gastprofessur am John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin. Mit Stipendien der Fulbright-Kommission, des DAAD, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Terra Foundation for American Art und der Studienstiftung des Deutschen Volkes forschte er zu transkulturellen Konfrontationen in der deutsch-amerikanischen Immigrationsgeschichte und ideengeschichtlichen Wurzeln der musikalischen Avantgarde Amerikas. Zu seinen Buchpublikationen gehören u.a. die Monographien Sight & Sound: Naturbilder in der Englischen und Amerikanischen Romantik (2001), Sphere Melodies: Die Manifestation Transzendentalistischer Ideen in der Musik von Charles Ives und John Cage (2003) und die mit dem Rob-Kroes-Award auszeichnete Habilitationsschrift The Democratic Gap: Transcultural Confrontations of German Immigrants and the Promise of American Democracy (2014). Frank Mehring verfasste die erste Biographie zu dem deutsch-amerikanischen Freiheitskämpfer Karl/Charles Follen (2004) und editierte eine Auswahl von dessen Schriften unter dem Titel Between Natives and Foreigners. Selected Writings of Karl/Charles Follen (2007). Frank Mehring hat kuratierte Ausstellungen am Deutschen Generalkonsulat New York und Nimwegen organisiert. Sein neues Projekt Soundtrack of Liberation 1944-45 widmet sich dem Nexus von Musik, Besetzung, und Befreiung.   www.ru.nl/col