Einweihung der Truhenorgel

Truhenorgel WehenSonntag, 12. Juni 2005, 18 Uhr
Ev. Kirche Wehen
Einweihungskonzert mit der Taunussteiner Kantorei

Mitwirkende
Sigrid Dege, Sopran
Katrin Pohl, Alt
Matthias Wagner, Orgel

Leitung: Thomas Wächter



Programm:

Werke von Samuel Scheidt, Heinrich Schütz, Jan Pieterszoon Sweelinck, Melchior Franck, Wolfgang Amadeus Mozart und Felix Mendelssohn-Bartholdy

Presse:

Wiesbadener Kurier
„Nerven wie Drahtseile“ für neue Truhenorgel

Konzert der Taunussteiner Kantorei zur Einweihung in Wehen

Organist und Orgelbauer Matthias Wagner
Vom 20.06.2005

WEHEN Alle Register zogen Dekanatskirchenmusiker Thomas Wächter und Orgelbauer Matthias Wagner in der evangelischen Kirche in Wehen: Das Konzert mit der Taunussteiner Kantorei präsentierte nach vier Jahren Entwicklung und Bau die neue Truhenorgel.

Von

Christine Dreßler

„Ein Wunder“, „schön“ und „phantastisch“, lobte das Publikum hingerissen von den Tönen, die beide Musiker dem Instrument entlockten. Dabei bewiesen die gut zwei Dutzend Sängerinnen und -sänger nicht nur, wie gut sich die Orgel eignet, einen Chor zu begleiten, sondern begeisterten auch a-cappela mit Mendelsohn-Bartholdys „Jauchzet dem Herrn“ und „Abendgebet“.

Sopranistin Sigrid Dege und Altistin Katrin Pohl setzten alleine und gemeinsam mit Tenor Friedhelm Dege und Bass Andreas Pohl zusätzliche Höhepunkte. Dazwischen demonstrierte Wagner mit Sweelincks „Variationen über ce mars“, Andantes und einem Allegro von Mozart den Klangreichtum der Orgel.

Dass eine Oktav der Vierfußflöte etwas spät und kratzig ansprach, hörte niemand. Das störte nur den Obrigheim-Albsheimer Orgelbauer selbst, machte den Klang aber „noch lebendiger“ für die Zuhörer: „Die klingt genauso schön wie eine große Orgel“, stellten sie überrascht fest, bestürmten Wagner nach dem Konzert mit Fragen, wie das mit diesem kleinen Instrument möglich sei, und inspizierten es genau.

Fast 300 Fichtenholz- und Zinn-Blei-Pfeifen verstecken sich dicht gedrängt in dem Kasten mit den dreieinhalb in Bass und Diskant geteilten Registern. „Nur die großen Pötte, die man gern mit den Füßen spielt, fehlen“, erklärte Wagner, dass sich im Sockel der Truhenorgel sechs Basspfeifen verbergen. Außen sind sechs Griffe angebracht, um die insgesamt etwa 150 Kilo schwere, in zwei Teile zerlegbare Orgel mit Eichengehäuse zu transportieren.

Dank der Klaviatur auf der Rückseite spielt der Organist mit Blickkontakt zu Publikum und Chor. Schwarze Tasten und weiße Obertasten seien im 18. Jahrhundert üblich gewesen, betonte der Orgelbauer, dass er sich an historischen Vorbildern orientiert hatte. Ursprünglich begleitete die Truhenorgel, entwickelt als Instrument im Freien, Jagden und bald auch Prozessionen und Bläser. „Im 17. Jahrhundert stellten nicht Orgelbauer, sondern eine Gilde in Nürnberg diese Orgeln her“, berichtete Wagner. Erst im 20. Jahrhundert besann man sich wieder auf das alte Instrument, um Werke alter Meister, vor allem der klassischen protestantischen Musik zu spielen.

„Denn dazu brauchte man kleine Instrumente, um die sich Chöre und Musiker scharen konnten“, erklärte Wagner. Mit der Truhenorgel könne man auch einen Choral führen, „ohne an die große Orgel sprinten zu müssen“. Das waren auch die Gründe, warum Wächter kurz nach seinem Amtsantritt vor zehn Jahren auf die Idee kam, eine kleine, mobile, praktische Orgel anzuschaffen.

Die Dekanatskirchenmusik sparte die Mittel dafür an. 2001 wandte sich Wächter an Wagner, mit dem er gemeinsam Musik studiert hatte. „Wir überlegten, welche Register wir brauchen, welche Klänge wir gern hätten“, erklärte Wächter die langwierige Entwicklung des Instrumentes. Vor vier Wochen wurde es fertig.

„Jetzt sind wir flexibel in der Begleitung von Chor und Orchester“, freute sich Wächter und betonte, dass das Dekanat mit der Anschaffung auf längere Sicht sogar Geld spare. „Denn bisher mussten wir für Konzerte solche Instrumente ausleihen und das war ziemlich teuer.“ Etwa 300 Euro betrug jedes Mal die Leihgebühr. Die entfallen jetzt auch für Geisenheim und Bad Schwalbach, da alle Dekanatsmusiker die Orgel unter sich austauschen und ihre Professionalität beweisen können. Denn Wagner verriet: Um die Orgel mit ihrer direkten Traktur zu spielen, „muss man Nerven wie Drahtseile haben“.

Matthias Wagner stellt seine Orgel vor

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